Flond
Pffland! Das war die Inschrift des alten Siegels der Gemeinde Flond. Pffland dürfte eine Abwandlung von „Pflanzland“ sein. Die ersten Kollonisten haben den waldigen Hang und das trockene Land urbanisiert und die morastische Ebene westlich von Flond trockengelegt. In der romanischen Sprache wird der Name „Flon“ ausgesprochen.
Flond existierte als selbständige Gemeinde seit dem Jahre 1519. Vorher bildete Flond eine Nachbarschaft der Stadt Ilanz. Es wurde zur Hauptsache von dorther besiedelt. Im Gegensatz zu früher ist Flond heute ein geschlossenes Dorf. Die alten Quartiere Puncurau, Crunas, Camenisch, und Suraua wurden durch die neuen Quartiere Radieni, Runaglias, Chischlun und Sut Rieven ergänzt. Flond fusionierte am 01. Januar 2009 mit der benachbarten Gemeinde Surcuolm zur Gemeinde Mundaun.
Flond zählte bei der ersten Volkszählung (1830) 222 Einwohner. Die Einwohnerzahl erreichte im Jahre 1980 mit 111 Einwohnern die Talsohle. Bis im Jahre 2005 wurde der Einwohnerstand aus früheren Jahren wieder erreicht.
Die Auswanderung und Rückkehr
Bis zum ersten Weltkrieg sind ca. 100 Flonder als Zuckerbäcker nach Italien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Ägypten und Übersee ausgewandert. Der Grund für diese grosse Auswanderung war wohl die grosse Armut. Oder war es einfach die Sehnsucht nach der Fremde?
Die Anzahl der erfolgreichen Rückkehrer war doch beachtlich. Zeugen des importierten Wohlstands sind noch heute ersichtlich. Die stattlichen Steinhäuser, die das Dorfbild prägen, wurden von rückkehrenden Auswanderern erstellt. Mit der Rückkehr vieler Flonder Bürger erlebte das Dorf im 19. Jahrhundert die wirtschaftliche Blüte. Es wurden viele Gebäude erstellt und die Auswanderer benützten jede sich bietende Gelegenheit um Maiensässe, Wald und Heimwiesen zu erwerben. Dies hatte zur Folge, dass Flond ein Bauerndorf wurde und viele Familien eine Existenz im eigenen Dorf hatten.
Obersaxen
die "Walserinsel" im romanischen Sprachraum
Es ist wichtig zu wissen, dass unsere Gegend vor der Zuwanderung der Walser bereits durch Romanen besiedelt war. Schon im Testament des Bischofs Tello von 765 gehörten Güter in Supersaxa (Obersaxen) zum Herrenhof Ilanz, was auf eine, wenn vielleicht auch nur dünne Besiedlung hinweist. Laut Reichsguturbar von 831 bestand ein Benefizium des Arnolfus in Obersaxen, also eine Kirche.
Ein- und Zuwanderung der Walser
Im 12./13. Jahrhundert zogen deutschsprechende Walliser hierher. Ihre Herkunft kann für Obersaxen durch keinen Freiheitsbrief erhärtet werden. Für die Ansiedlung von Walsern spielte das Kloster Disentis eine bedeutende Rolle, denn im 13. Jahrhundert erstreckte sich dessen Herrschaft vom Rhonegletscher bis zum Petersbach in Obersaxen. Alte Klosterchroniken berichten, dass Mönche und Äbte aus dem Wallis in Disentis wirkten. Im Jahre 1213 habe nur noch ein nichtwalserischer Mönch im Konvent gelebt. Unter den Walsern wurde auch Anricus de Sursaxa (von Obersaxen) aufgeführt. Somit müsste bereits zu dieser Zeit eine kleine Anzahl Walser in Obersaxen ansässig gewesen sein. Erhärtet wird diese Annahme durch den Namen Anricus, Henricus, der sich laut Sprachforschern später zum Familiennamen Hendry und Henny entwickelt haben soll.
Anno 1288 schloss das Kloster Disentis in Urseren ein Bündnis mit fünf Walliser Adeligen, lombardischer Abstammung, die damals im Goms als Lehensherren des Bischofs von Sitten auftraten. Diese Lehensherren und das Kloster waren daran interessiert, neues, alpines Land zu roden und urbar machen zu lassen, um ihre Stellung und die Kontrolle der Alpenübergänge zu sichern. Hier könnte man einwenden, dass Obersaxen nicht an einem Alpenübergang liege. Es ist aber bekannt, dass auch die Obersaxer zu den Viehmärkten nach Bellinzona (Belenz) und Lugano (Lauis) zogen. Sie benützten dafür nicht nur den Lukmanier, sie hatten im „alten Lugnezerweg“ oder „Nallpass“ über den Sattel bei Alp Nova eine Verbindung nach Vrin, Diesrut- und Greinapass. Noch 1730 nimmt das Oberaxer Landbuch Bezug auf eine frühere Seuche, die unter anderem ein Marktfahrverbot nach Vrin verursachte.
Obersaxen wird also eine der frühesten, wenn nicht die älteste der noch existierenden Walsersiedlungen Graubündens sein. Gewiss machten die Walliser, mindestens teilweise, zuerst Station im Urserental. Urseren pflegte eine lange und dauerhafte Beziehung zu Obersaxen. Noch 1519 wird dies ersichtlich, als nach Rechnungsbuch von Urseren der dortige Ammann der Kirche in Obersaxen einen halben Gulden schenkt. Ein anderer Umstand deutet auf direkte Kontakte zwischen Obersaxen und dem Wallis hin und könnte die länger andauernde Zuwanderung mitbegünstigt haben. 1398 heiratete Landvogt Guitschart von Raron die Witwe Margaretha, geborene von Rhäzüns, die ihrem Gatten einen Teil der Güterzinsen von Obersaxen einbrachte. Damals war Obersaxen schon mindestens hundert Jahre lang der Herrschaft Rhäzüns zinspflichtig und blieb es bis 1819. In diesem Jahr ging dann der zur damaligen Zeit von Österreich verwaltete Rhäzünser Besitz an den Kanton Graubünden über. Obersaxen kaufte sich um das zwanzigfache des jährlichen Hofzinses mit 4400 Gulden an die Kantonskasse los und frei.
Im Zusammenhang mit der oben erwähnten Seuche wird auch berichtet, dass die „Altvordern“ im Wallis ein St. Joderheiligtum (Reliquie) holten, das sich in der Wetterglocke befinde. Bischof Theodul wird in den Weiheurkunden der Pfarrkirche in Meierhof 1441, 1473 und 1500 auch als einer der Seitenaltarheiligen aufgeführt.
Surcuolm
Neukirch! Das ist der deutsche Name für Surcuolm (wird heute nicht mehr gebraucht). Er passt anscheinend gut zu dem kleinen Flecken mit der dominierenden und weithin sichtbaren Kirche, ist aber weniger ursprünglich als der romanische Name. Im Jahre 1603 erhielt die Siedlung ihre erste, dem hl.Georg geweihte Kirche, und von da an lässt sich der Name Neukirch nachweisen. In früheren Urkunden steht «Surcuolm», das gelegentlich mit «über dem Berg» übersetzt wird. In dieser Bezeichnung widerspiegelt sich ein wesentlicher Abschnitt Entstehungsgeschichte der Ortschaft.
Surcuolm gehörte kirchlich und politisch zum Lugnez. Es wurde hauptsächlich auch von dorther besiedelt. Heute besteht die Ortschaft aus den vier Höfen, Caduff, Canetg, Cavegn und Sansandrisch, die durch die neuen Wohnquartiere Sut Via, Sut las Caglias, Pastira da casa, Mulinet und die Feriensiedlung Waldeck ergänzt wurden.
Surcuolm zählte in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts 189 Seelen. Die Einwohnerzahl vom Jahre 1970 betrug bloss 79, davon 11 Bürger. Der massive Bevölkerungsrückgang ist die Folge der Auswanderung.
Die Auswanderung und Rückkehr
Das abgelegene und weit ins Gebirge vorgeschobene Dorf war damals überbevölkert und rang auf einer unzulänglichen Existenzgrundlage um ein kärgliches Dasein. Da bedeutete die Auswanderung nach dem von den Surcuolmern bevorzugten Frankreich wahrhaftig eine Erlösung, das Entrinnen von bedrückender Enge. Doch die Zeiten besserten sich.
Die tüchtigsten unter den Auswanderern machten sich selbständig und zogen die zurückgebliebenen Verwandten und Bekannten nach. Was etwas versprach, ob Bursche oder Mädchen, sah sich nach Frankreich verpflichtet. Als um die Jahrhundertwende die Erfolgreichen nach Surcuolm zurückkehrten und stattliche Steinhäuser in das Ortsbild des Bauerndorfes setzten, machten sich die Folgen der Auswanderung an der Überalterung der ansässigen Bevölkerung und an verfallenen und verlassenen Häusern bereits deutlich bemerkbar. Der an sich heilsame Aderlass hatte den Patienten dem Erschöpfungstode nahe gebracht. Das Experiment kostete Surcuolm seine Bürgerschaft und es hatte zur Folge, dass der Boden zu drei Vierteln in die Hände auswärtiger Besitzer kam.
Die Feriengäste
Jahrzehntelang bevölkerten sich die Landhäuser während der Sommermonate mit französisch sprechenden Feriengästen. Es waren die Nachkommen der ausgewanderten Bürger, gepflegte Herrschaften, denen man die geschäftliche Betriebsamkeit und Arbeitsenergie nicht ohne weiteres ansah. Von den Erfolglosen vernahm man wenig, sie blieben verschollen. Heute hat die Verbindung zu dieser ausgewanderten «Gemeinde» so gut wie aufgehört. Was sie einst an Liegenschaften in ihrem Ursprungsorte besassen, haben sie allmählich veräussert.